Nehmen wir einmal an, die Sonne würde von jetzt auf gleich verschwinden. Natürlich wird das niemals geschehen, aber das ist ein nettes Gedankenexperiment, um mehr über unseren Planeten zu erfahren.
Die Erde würde die Abwesenheit der Sonne in etwas mehr als 8 Minuten nach deren Verschwinden zu sehen und zu spüren bekommen. Nicht nur das Licht sondern auch Änderungen des Gravitationsfelds breiten sich mit Lichtgeschwindigkeit aus. Sobald sich unser Himmel in einem Wimpernschlag verdunkelt, verlässt die Erde ihre Umlaufbahn um die ehemalige Sonne und beginnt, sich geradlinig durch die Milchstraße zu bewegen. Das ist der Beginn einer sehr unbequemen Reise.
Mit Ausnahme des künstlichen Lichts, das wir erschaffen, wäre es wirklich finster auf der Erde. Alle anderen Sterne der Milchstraße würden die Erde erhellen, da sie aber so weit entfernt sind, würde die gesamte Lichtstärke nur etwa 0,03% des Vollmonds oder weniger als 0,0000001% der Intensität des Sonnenlichts ausmachen. Das ist viel zu wenig für Pflanzen, um weiter Photosynthese durchführen zu können. Dies führt zu großen Problemen: die Erzeugung von Sauerstoff und Lebensmitteln käme zum Stillstand. Es gäbe zwar immer noch genügend Sauerstoff in der Erdatmosphäre, um alle Lebewesen für Jahrtausende atmen zu lassen. Doch da die meisten Pflanzen innerhalb weniger Tage absterben würden, käme es mangels Lebensmittelerzeugung schon viel früher zu einem Massensterben. Und das ist nicht die einzige Schwierigkeit, mit der wir zurechtkommen müssten...
Im Moment beträgt die Durchschnittstemperatur auf der Erde ungefähr 15°C (59°F), was gar nicht schlecht ist. Aber ohne die Hauptenergiequelle, die unsere Erde aufheizt, würden die Temperaturen schnell fallen. Bereits eine Woche nach dem Verschwinden der Sonne läge die Durchschnittstemperatur bei -10°C (14°F); es gäbe noch einige tropische Gebiete mit gemäßigten Temperaturen über Null, aber in Europa beispielsweise würde ein Temperaturabfall um 25°C nicht sehr geschätzt werden. Nach einem Jahr erreicht die Durchschnittstemperatur dann -70°C (-94°F) und die oberen Schichten aller Ozeane wären gefroren. Doch da gibt es einen interessanten Punkt: der Eisschild ist ein großartiger Wärmeisolator für die tieferen Ozeanschichten. Je dicker die Eisschichten werden, desto besser werden die tieferen Ozeanbereiche isoliert. Zusätzlich würde das Wasser weiterhin durch geothermische Energie erwärmt, also durch Wärmeerzeugung im Erdinneren, hervorgerufen durch radioaktiven Zerfall.
Nach einigen Jahren würde sich die Oberflächentemperatur auf eine Temperatur von -240°C (-400°F) einpendeln. Das wäre zu kalt für die Bestandteile unserer Luft (hauptsächlich Stickstoff, Sauerstoff, Argon und Kohlendioxid), um weiterhin gasförmig zu bleiben. Zunächst würde unsere Atmosphäre abregnen und später auf die Erdoberfläche herunter schneien. Aber all diese ungemütlichen Vorgänge auf der Oberfläche könnten der neuen Komfortzone der Erde in den Tiefen der Ozeane nichts anhaben, da es in den dortigen Regionen immer noch flüssiges Wasser gäbe - mit zumindest primitiven Lebensformen darin. Das wäre dann der Status quo für die nächsten Milliarden Jahre! Die Erde befände sich nun im thermischen Gleichgewicht aus geothermischer Wärmeerzeugung im Erdinneren und dem Wärmeverlust des gleichen Energiebetrags durch Abstrahlung von Infrarotstrahlung in den Weltraum.
Damit würde sich die Erde nicht in einen vollständig unbelebten Planeten verwandeln, sondern sie wäre vergleichbar einem gigantischen Raumschiff, das Leben (und natürlich die tiefgefrorenen Überreste unserer Zivilisation) durch unsere Galaxie befördert. Theoretisch könnte die Erde in der Zukunft von einem anderen Stern eingefangen und ein zweiter Evolutionsprozess in Gang gesetzt werden, falls die Umlaufbahn um den Stern die richtige Entfernung aufweist. Doch seien wir ehrlich, die Chancen, dass dies geschieht liegen bei nahezu null. Aber der hypothetische Grund unserer Reise - das Verschwinden der Sonne - hat glücklicherweise ebenfalls die Wahrscheinlichkeit null. Das heißt jedoch nicht, dass das Szenario selbst unmöglich wäre: Gravitationswechselwirkung der Erde mit einem anderen Stern, der unserem Sonnensystem zu nahe kommt, oder Gravitationskräfte in jungen Sternsystemen können einzelne Planeten aus ihrem Sternsystem werfen. Messungen des Gravitationslinseneffekts deuten an, dass es allein in unserer Milchstraße einige Hundertmilliarden vagabundierende heimatlose Planeten gibt - genau wie die Erde in unserem hypothetischen Beispiel. Mit dem einzigen Unterschied, dass diese Planeten wirklich alleine und ohne Zentralstern durch den finsteren Weltraum fliegen!
Ja, in der Theorie können wir das. Das Ende der Sonne naht, wenn aller Wasserstoff in ihrem Kern zu Helium verschmolzen ist (lesen Sie dazu unseren Artikel über den Tod von Sternen). Doch hier sprechen wir nur von der Aufzehrung des Wasserstoffs im Sonnenkern. Könnte man den Wasserstoff der äußeren Schichten irgendwie in den Sonnenkern bringen, wäre es möglich, die Lebenserwartung der Sonne von derzeit 10 Milliarden Jahren auf wahrscheinlich 100 Milliarden Jahre zu verlängern! Nur ein kleiner Bruchteil (ca. 10%) des Wasserstoffs in der Sonne wird während ihrer Lebenszeit genutzt. Eine Menge unverbrauchter Wasserstoff wird in deren Phase als Roter Riese fortgeblasen; das sind die letzten Milliarden Jahre, bevor die Sonne schlussendlich zu einem Weißen Zwerg wird.
Es gibt viele spektakuläre Orte in unserem Sonnensystem, die zweifellos Touristenattraktionen wären, sollte die Menschheit über die Technik für Weltraumtourismus verfügen. Die ersten Ziele wären die Erdumlaufbahn (Dennis Tito war bereits dort) und unser Mond sein. Aber man könnte auch zu einem der Monde der Gasplaneten reisen und einen atemberaubenden Neptun- oder Jupiteraufgang genießen. Man hätte die Möglichkeit, Olympus Mons auf dem Mars zu besichtigen, welcher mit einer Höhe von beinahe 22 km der höchste Berg in unserem Sonnensystem ist. Eine andere Option wäre eine Tauchfahrt tief in die flüssigen Wasserozeane auf einigen der Jupiter- oder Saturnmonde (wie z.B. Enceladus). Doch unser Traumziel wäre ein anderer Saturnmond: Titan. Er besitzt genau das richtige Verhältnis von Größe (Masse) und Atmosphärendruck (1,5bar), so dass man sich Flügel, ähnlich denen der Vögel, umschnallen und damit herumfliegen könnte. Man bräuchte noch nicht einmal eine Ausrüstung für einen Druckausgleich, sondern lediglich einen wärmeisolierenden Anzug. Und die Landschaften mit Bergen und Seen werden spektakulär sein!